À la Recherche de la Nationalité perdue

À la recherche d'une nationalité perdue

In letzter Zeit neige ich zur Vergesslichkeit und bin öfters im Unklaren darüber, was Menschen sagen, mit denen ich spreche oder wie Menschen aussehen, denen ich noch am Vorabend gegenüberstand.
Das Problem beschränkt sich nicht nur auf Japan, doch ist es hier beängstigender, da sich der Alkoholkonsum auf ein überlebensnotwendiges Minimum reduziert hat und dieser unvernünftige Lebenswandel meine Jugenddemenz zu verschlimmern scheint.

Immer häufiger muss ich feststellen, dass die Erinnerung an meine ursprüngliche Nationalität im nebligen Dunst allzu nüchterner Gedanken verschwimmt. Neuseeländische Einflüsse kreuzen sich scheinbar willkürlich mit antiken belgischen Wurzeln. Beim Summen französischer Volksweisen und der samenlosen Zucht holländischer Nelken, ertappe ich mich dabei, wie ich meinen japanischen Mitbewohnern in akzentfreiem Schweizerdeutsch nützliche Tipps zum Erwerb der neuseeländischen Staatsbürgerschaft gebe: „Zuerst musst du aufs Land… Und dann siehst du schon von Weitem weiße Punkte auf den Weiden… Du schleichst, robbst, kriechst heran. Langsam. Dann wirfst du dich blitzartig von hinten auf sie und…“

Mein Lebenslauf präsentiert sich mittlerweile als Potpourri verschiedenster Sprachen, Bildungs- und Berufswege. Der Jobsuche war das alles wenig zuträglich, und da japanische Internetseiten lieber Ratschläge für günstigste Sexabenteuer in Tokio erteilen, als mich bei der Arbeitssuche zu unterstützen, gehe ich nachmittags sinnierend durch die Straßen und Parks, genieße die frühzeitliche Stille des aufziehenden Herbstes, spreche debil grinsend mit japanischen Landsleuten und staune, wie schön mein Land doch ist.


Recently, I tend to forget things and I’m often uncertain what people say when I talk to them or how people looked like that I have seen just the night before. The problem is not only limited to Japan, however it’s more frightening here as the alcohol consumption is reduced to a minimum necessary for survival and this irresponsible change in life seemingly impairs my youth dementia.

More and more often I find memories of my origins fading in the mist of all too sober thoughts. Influences of New Zealand arbitrarily mix up with antique Belgian roots. While summing French folk tunes and breeding Dutch carnations seedless, I found myself giving useful tips to acquire the citizenship of New Zealand, in accent-free Swiss German, of course: “First, you have to go to the countryside… You can see white spots on the meadows from afar… You crawl, sneak and get closer. Slowly, just to jump on their backs lightning-fast in order to…”

My CV meanwhile is a potpourri of different languages, educational and professional stages. This didn’t pay off for my job hunt, though. As Japanese websites rather present advice for cheap sex adventures in Tokyo than supporting me in finding work, I walk musingly through the streets and parks in the afternoons. Enjoying the early silence of the forthcoming fall, I speak to my fellow countrymen wondering about the beauty of my homeland.


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