Die Beschwörung der Gurken

Die Beschwörung der Gurken

Die Beschwörung der Gurken

Man sitzt hier oft in Zügen und fährt von einem Ort zum anderen, wird dann sehr müde und sieht die anderen Passagiere verschwimmen. Auch neulich wurden ihre Schatten immer kleiner und krochen über die Fensterscheiben und als ich aufwachte, waren sie verschwunden und doch war es dunkel. Ich überlegte einen Augenblick, wo ich mich befand und konnte mit einiger Gewissheit sagen, dass es Tokio war. Doch umso tiefer ich das Bestimmte zu ergründen versuchte, umso mehr umschloss es mich und stieß mich ab. Die Stadt sah aus wie Tokio, doch hatte ich keinerlei Schwierigkeiten, mir vorzustellen ich sei an einem völlig anderen Ort. Seitdem gibt es immer wieder Brüche der Realität, die mich zweifeln lassen:

Als ich im DVD-Verleih stehe, geht ein junger dicker Mann an mir vorbei und betritt selbstbewusst die Pornoabteilung, wo er doch sonst schüchtern vor den Regalen auf und ab geschlichen wäre. Menschen tragen riesige Stahlpenisse durch die Stadt. Lollys in Form von Schwänzen und Pussies. Nackte Frauen, die sich auf den Wänden unseres Stammnachtclubs räkeln und ich, wie ich ungezwungen meine Hose herunterlasse, als ich bei einigen Drinks darum gebeten werde. Als ich an einem anderen Tag wieder in den weichen Sitzen der U-Bahn versinke und sich prüde Schulmädchen auf Englisch über One-Night-Stands unterhalten, weiß ich, dass sich mein Kunstfilm immer weiter zu einem verstörenden, surrealen Porno entwickelt.


One often sits on trains here and goes from one place to another, one gets very tired then and sees how the other passengers become blurry. Just recently, their shadows became smaller and were crawling across the window panes and when I woke, they had disappeared and yet it was dark. I was reflecting where I was for a moment and could say with some certainty that it was Tokyo. However, the more I tried to fathom the factual, the more it clasped around me and pushed me away. The city looked like Tokyo, though I had no trouble at all imagining me to be at a completely different place. There have been several cracks in reality that let me doubt ever since:

As I was standing in the DVD rental store, a young and big man passes by me and self-confidently enters the porn section straight, where otherwise he would be shyly creeping up and down the shelves. Men carrying huge steel penises through the city. Lollies in the shape of dicks and pussies. Naked women lounging on the walls of our favourite night club and me being forced to pull down my trousers as I am begged to do it while having some drinks. As, on another day, I’m about to sink into the soft seats of the metro again and prude school girls start talking about one night stands in English, I know that my art house movie is becoming more and more a disturbing, surreal porn.


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