Race against the Machine

Race against the Machine

Mir fällt es erstaunlich schwer, über Dinge zu philosophieren und Sachverhalte zu analysieren, die mich direkt betreffen und denen ich fortdauernd ausgeliefert bin. Ungewollt scheint sich in meinen Kopf eine Art Barriere zu bilden, die jeglichen Nervenfluss verhindert. Fakten werden ignoriert, offensichtliche Verbindungen bleiben unverbunden, Namen werden angespült und verebben in gedächtnislosen Zellen. Man könnte sagen, es liegt in meiner Natur, weder bin ich Enzyklopädie, noch Erklärer, einfach nur ein fühlender Künstler.

So erstaunt es mich, dass das Streckennetz der Tokyo Metro fast 200 Kilometer umfasst, dass täglich 7,8 Millionen Menschen befördert werden und in einem Jahr fast 3 Milliarden Menschen von ihrer Wohnung zur Arbeit und zurück fahren. Doch im Grunde genommen ist mir das völlig egal. Nur für Sekunden wurde mir heute überhaupt bewusst, dass ich die U-Bahn benutze. Ein einschneidendes Erlebnis, das mich mehr als unmittelbar betraf und die allgegenwärtige Zuggefahr verdeutlichte. Wieder sehe ich die Augenblicke an mir vorbeiziehen:

Es ist spät, zu spät. Ich hetze die Treppen hinunter, nehme die letzten Stufen mit einem gewaltigen Sprung. Sehe den Waggon vor mir stehen. Ich atme durch, schlendere, schaue links und rechts, sehe wie sich die Türen der Bahn langsam schließen und setze zu einem unmenschlichen Sprint an. Es erscheint unfassbar, doch ich erreiche sie im letzten Moment, beuge mich vor und bekomme einen Arm hinein. Mein Kopf ist bizarrerweise weit nach vorne gebeugt, auf Armhöhe. Mit aller Macht schließt sich die Tür. Mein Arm ist eingeklemmt, meine Brille wird eingequetscht und in weitem Bogen in das Zuginnere befördert. Ich bin blind, bewegungsunfähig und habe mich fast mit meinem Schicksal abgefunden als mich die Kraft der Verzweiflung die Schiebetüren auseinanderreißen lässt. Japanische Augen blicken mich an und wieder kann ich es erkennen: Anerkennung, Unverständnis, Missbilligung, Belustigung und Abscheu.


It’s astonishingly hard for me to philosophise about things and to analyse circumstances that concern me directly and that I’m exposed to continuously. Unwillingly, a barrier seems to set itself up inside my head hampering any kind of nerve flow. Facts are ignored, obvious connections remain unconnected, names are washed up and ebb away in cells without memory. You could say it’s in my nature, neither am I encyclopaedia nor explainer, just a feeling artist.

I’m amazed that the route network of Tokyo Metro comprises nearly 200 kilometres, that 7,8 million people are handled on a daily basis, and that in one year nearly three billion people commute from their homes to their workplaces and back. But after all, I don’t care at all. Only for seconds today I was conscious that I am actually using the metro. An incisive experience which concerned me more than just instantaneously and clarified the overall present danger of trains. Once again I see the moments passing my eyes:

It’s late, too late. I rush down the staircases, take the last steps with an immense jump. See the wagon right in front of me. I breathe, linger, look to the left and to the right, see how the train doors are closing slowly and prepare for an inhuman sprint. It seems unbelievable, but I reach it in the last second, bend forward and get my arm inside. My head is leaning forward bizarrely, at arm’s height. The door closes with all its power. My arm is stuck, my glasses squeezed in and flying inside the train. I’m blind, unable to move and have almost resigned myself to fate as the power of desperation lets me tear apart the sliding doors. Japanese eyes look at me and again I can see it: lack of understanding, disapproval, amusement and
repulsion.


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