SHT – Room 107

SHT - Room 107

„Oh seht, oh seht! Ich komme viel zu spät. Grüß Gott, bis bald, auf Wiederseh’n! Muss geh’n, muss geh’n, muss geh’n…“

Wie im Wunderland muss er sich hier vorkommen. Warum sitzen diese Deutschen auch andauernd in der Küche rum? Und dann zu solch unregelmäßigen Zeiten? Nicht mal die Zahnbürste kann er sich ungestört über der Spüle bis zum Anschlag in den Rachen schieben. Brechgeräusche imitieren funktioniert dennoch einwandfrei. Hauptsache, dem Deutschen am Küchentisch nebenan fällt fast das Frühstück aus dem Gesicht.

Nun ja, er hat es auch nicht leicht. Keinen Job, doch jeden Tag willkürlich im Anzug aus dem Zimmer stürzen, sodass es jeder hören kann. Und immer gestresst wirken. Dann wieder stundenlang im Zimmer einschließen, den schlabberigen Ganzkörperjogginganzug übergestreift, leger zum Herd schreiten, um heißes Wasser auf trockene Nudeln zu gießen.

Zurück aufs Zimmer, zurück in den Anzug. Schnell noch die Haare gerade geduscht und warten. Warten auf die Meerjungfrau. Ja, die Perle der Tiefsee, vermutlich mit dem letzten Tsunami direkt in unsere Flachwasserbaracke gespült worden, und seitdem auf die nächste Flut wartend, die sie verzweifelt in der Badewanne herbeizuführen versucht. Doch er sympathisiert mit dem Fischmenschen, verteidigt in den späten Abendstunden das Aufenthaltsrecht in Küche und Bad, und erzählt ihr ein ums andere Mal von seinen Geschäften an Land.

Plötzlich springt sie auf und muss baden. So geht er wieder allein auf sein Zimmer, schlüpft in etwas Bequemeres und träumt feucht.


“I’m late, I’m late, for a very important date. No time to say hello. Goodbye! I’m late, I’m late, I’m late…”

For him, it must feel like wonderland here. Why do these Germans have to sit in the kitchen all day? And why to such irregular times? He can’t even push his toothbrush as far as it goes without being bothered. Imitating throw-up sounds is no problem at all, though. Provoking the German at the opposite kitchen table to nearly drop his breakfast, seems to be his principle.

Well, he doesn’t have an easy life. No job, however every day, he arbitrarily rushes out of his room wearing suit and wanting everyone too see and hear him. Always busy. Then he locks himself inside his room for hours, putting on the whole-body tracksuit, walking casually towards the stove in order to pour hot water on dry noodles.

Back to the room, back into the suit. Having quickly showered his hair straight, he waits. Waits for his mermaid. Yes, the pearl of the deep sea, probably been washed up directly into our share house, waiting for the next flood, which she desperately tries to bring about in our bathtub. Yet he is sympathetic to the human fish, defends the right to stay inside the kitchen and bathroom throughout the night, and tells her about his business life ashore all over again.

Suddenly, she jumps off the chair and has to bath. Consequently, he goes to his room alone, slips into something more comfortable and dreams wetly.


Beitrag veröffentlicht

in

von

Schlagwörter: